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Ein neuer Anfang

Jeder neue Morgen ist ein neuer Anfang unseres Lebens.
Jeder Tag ist ein abgeschlossenes Ganzes.

— Dietrich Bonhoeffer


Die Begegnung mit Padre Alfredo brachte bei mir vieles in Gang. Er war der erste Mensch, den ich persönlich traf, der alles zurückgelassen hatte und einzig für seine Überzeugung lebte. Er sagte mir, er habe immer etwas gesucht, habe etwas Sinnvolles machen wollen: „Ich wollte mal so richtig in die Scheiße langen, meine Kräfte erproben, überhaupt testen, was möglich und was auszuhalten ist. In Cali habe ich meinen Platz gefunden. Wenn ich sterbe, habe ich zumindest gelebt. Wenn es einen Gott gibt, dann wird er schon wissen, warum. Und wenn es keinen gibt, ist sowieso alles Scheiße.“

— Vera Kühne (Grenzenlos: Mein Leben als Ärztin in Krieg und Frieden)

Stationen auf dem Weg zur Freiheit

1. Zucht: Lerne dich selbst beherrschen.

2. Tat: Lerne handeln. Das Wirkliche ergreifen, nicht im Möglichen schweben.

3. Leiden: Lerne leiden – in andere Hände legen.

4. Tod: Lerne sterben. Höchstes Fest auf dem Wege der Freiheit.

ZUCHT.
Ziehst Du aus,
die Freiheit zu suchen,
so lerne vor allem
Zucht der Sinne
und Deiner Seele,
dass die Begierden
und Deine Glieder
Dich nicht bald hierhin,
bald dorthin führen.
Keusch sei Dein Geist
und Dein Leib,
gänzlich Dir selbst
unterworfen
und gehorsam,
das Ziel zu suchen,
das ihm gesetzt ist.
Niemand erfährt
das Geheimnis der Freiheit,
es sei denn durch Zucht.

TAT.
Nicht das Beliebige,
sondern das Rechte
tun und wagen,
nicht im Möglichen schweben,
das Wirkliche tapfer ergreifen,
nicht in der Flucht der Gedanken,
allein in der Tat
ist die Freiheit.
Tritt aus ängstlichem Zögern heraus
in den Sturm des Geschehens,
nur von Gottes Gebot
und Deinem Glauben getragen
und die Freiheit
wird Deinen Geist
jauchzend (freudig) umfangen.

LEIDEN.
Wunderbare Verwandlung.
Die starken tätigen Hände
sind Dir gebunden.
Ohnmächtig einsam
siehst Du das Ende
Deiner Tat.
Doch atmest Du auf
und legst das Rechte
still und getrost
in stärkere Hände
und gibst Dich zufrieden.
Nur einen Augenblick
berührtest Du selig
die Freiheit,
dann übergabst Du sie
GOTT, damit ER sie
herrlich vollende.

TOD.
Komm nun,
höchstes Fest
auf dem Weg
zur ewigen Freiheit.
Tod, leg nieder
beschwerliche Ketten und Mauern
unseres vergänglichen Leibes
und unserer verblendeten Seele,
dass wir endlich erblicken,
was hier uns zu sehen
missgönnt ist.
Freiheit,
Dich suchten wir lange
in Zucht und in Tat
und in Leiden.
Sterbend erkennen wir nun
im Angesicht Gottes
dich selbst.

— Dietrich Bonhoeffer

Trostlos und verlassen

Denn mögen auch gute Menschen um mich sein, fromme Brüder und treue Freunde, heilige Bücher und schöne Schriften, traute Lieder und Hymnengesänge, alles dieses hilft mir nur wenig und schmeckt mir nicht recht, wenn ich von der Gnade verlassen und meiner eigenen inneren Armut überlassen bin. Dann gibt es kein besseres Heilmittel als Geduld und Selbstverleugnung.

— Thomas von Kempen (Die Nachfolge Christi, S. 61)

Luther

Luthers Glaubensgewissheit ist nach inneren Kämpfen herangereift: „Ich selbst bin mehr als einmal bis zum Abgrund und zur Hölle der Verzweiflung erschüttert gewesen“, schrieb er, „so dass ich sogar wünschte, ich wäre nie als Mensch geschaffen worden, ehe ich denn wusste, wie heilsam eine solche Verzweiflung ist und wie nahe der Gnade.“ Ihm zufolge begegnet ein Mensch Gott, wenn er jede selbstgeschaffene Sicherheit um sich ­herum verloren hat.

chrismon

Wenn wir von Gott nicht erhalten, was wir uns gewünscht haben, dann hat er uns gegeben, was besser für uns ist.

Wo Glaube ist, da ist auch Lachen

Das Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden; nicht ein Gesundsein, sondern ein Gesundwerden; nicht eine Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Es ist nicht das Ende, es ist aber der Weg.

Sanftmut ist der Himmel, Zorn die Hölle, die Mitte zwischen beiden ist diese Welt. Darum, je sanftmütiger du bist, desto näher bist du dem Himmel.

Ich weiß drei böse Hunde: Undankbarkeit, Stolz, Neid. Wen die drei Hunde beißen, der ist sehr übel gebissen.

Gleichwie die Sonne in einem stillen Wasser gut zu sehen ist und es kräftig erwärmt, kann sie in einem bewegten, rauschenden Wasser nicht deutlich gesehen werden. Darum, willst du auch erleuchtet werden durch das Evangelium, so gehe hin, wo du still sein und das Bild dir tief ins Herz fassen kannst, da wirst du finden Wunder über Wunder.

Hochmut

Wenn ihr entmutigt seid, ist das ein Zeichen, dass ihr hochmütig seid; es zeigt, dass ihr zu viel Vertrauen in euch selbst habt.

— Mutter Teresa

Erkenntnisweg

Wer andere erkennt, ist gelehrt.
Wer sich selbst erkennt, ist weise.
Wer andere besiegt, hat Muskelkraft.
Wer sich selbst besiegt, ist stark.
Wer zufrieden ist, ist reich.
Wer seine Mitte nicht verliert, ist unüberwindlich.

— Lao-Tse

Taten

Es kommt nicht darauf an, dass wir viel Erkenntnis haben, sondern das wir das Erkannte in die Tat umsetzen.

— Eva von Thiele-Winckler

Galater 5,22

Die inneren Hindernisse identifizieren Die Früchte des Geistes pflegen Die Ergebnisse eines vom Geist geführten Lebens
Hochmut
Ich bin in meinem Ich gefangen
Freude
Ich spüre Freiheit, weil Gott die Mitte meines Lebens ist
Anhaltendes Gebet
Ich erlebe beständige Gemeinschaft mit Gott
Habgier
Ich pflege die Leidenschaft, mehr haben zu wollen, als ich besitze
Güte
Ich werde ein Mensch, der gerne gibt
Bleibende Dankbarkeit
Ich erlebe Freiheit durch das Wissen: Alles, was ich habe, kommt von Gott
Lust
Ich spanne andere für meine Interessen ein
Liebe
Ich suche das Beste für die anderen
Reinheit
Ich erlebe aufrichtige Liebe zu Gott und zu meinem Nächsten
Völlerei
Ich suche Befriedigung durch unmäßigen Konsum
Selbstbeherrschung
Ich lebe mit Gott und lasse mich vom Geist führen
Freudiger Verzicht
Ich erlebe die Freiheit, nicht ständig ans Essen zu denken und einfacher zu essen
Zorn
Ich versuche, durch Gefühlsausbrüche Menschen und Umstände zu manipulieren
Sanftmut
Ich stärke die anderen durch Zurückhaltung und Verzicht auf persönliche Prioritäten
Gelassene Zufriedenheit
Ich erlebe die Befriedigung darüber, wer ich bin, was ich habe und was ich tue
Trägheit
Ich erledige wenig oder nur die unwichtigste Arbeit und liebe Bequemlichkeit
Treue
Ich erledige wichtige Arbeiten und dies mit größter Zuverlässigkeit
Heilsamer Lebensrhythmus
Ich pflege einen Lebensstil, der sehr gute Arbeit hervorbringt, ohne dass ich mich von ihr auffressen lasse
Neid
Es tut mir weh, wenn andere weiterkommen oder mehr haben als ich
Freundlichkeit
Ich gönne den anderen ihre Gaben und Leistungen und freue mich für sie
Nächstenliebe
Ich erlebe die Fähigkeit, für andere da zu sein und zu ihrem Wohlergehen beizutragen
Ruhelosigkeit
Ich habe ständig den Eindruck, dass etwas anderes jetzt besser wäre
Geduld
Ich werde fähig, dort zu bleiben, wo ich gerade bin, und dies als sinnvoll zu sehen
Gewissheit der Berufung
Ich erlebe die Gewissheit, dass ich in Übereinstimmung mit Gottes Willen bin und Gottes Arbeit tue
Langeweile
Ich habe zu wenig Energie oder Interesse, mich in meine Arbeit und das Leben einzubringen
Frieden
Ich strebe nach Harmonie und Ausgeglichenheit, egal, wie die Situation gerade ist
Ein Stück Himmel
Ich erlebe einen Sinn und eine Freude des Arbeitens, die Spuren der Ewigkeit tragen

— Paul Stevens, Alvin Ung (Die 9 Todsünden im Job, S. 11)

Bosheit


Ich erinnere mich an die Worte unseres Professors der Psychologie: „Meine Herren, wenn Sie das Menschenherz richtig verstehen wollen, vergessen Sie nie in Ihrem Leben: Der Mensch ist von Natur aus nicht böse, er ist nur schwach.“ Dieses Wort hat auf uns einen tiefen Eindruck gemacht, ich habe es nie mehr vergessen. – Peter Lippert sagt dazu: „Es gibt solche, die an den Menschen nur Bosheit sehen. Wenn wir aber mit feinfühligem Herzen tiefer schauten, würden wir erkennen, dass nicht viel Bosheit in den Menschen ist, aber viel Unwissenheit, Kurzsichtigkeit, Gedankenlosigkeit.“

Wir Christen sind berufen, unseren Glauben als Frohbotschaft vor der Welt zu bezeugen. Das ist aber nur möglich, wenn wir nicht nur „fromm“, sondern auch „nett“ sind, indem wir auch im grauen Alltag immer wieder Freude und Wärme ausstrahlen und beitragen zu einer besseren Atmosphäre im Umgang miteinander – vor allem durch unsere Herzlichkeit.

Alois Noll