Archiv der Kategorie: Zitate

Geglückte Halbheit

In den letzten Jahren betont Fulbert Steffensky in Veröffentlichungen und Vorträgen immer wieder, wie wichtig es ist, auch das Mittelmaß zu lieben, nicht nur die „Peaks“, die Spitzen, die Höhepunkte, die Gipfel von Freudenerfahrungen. „Es wächst“, bemerkt er dazu in einem Vortrag, „ein merkwürdiges neues Leiden, das durch überhöhte Erwartung an das Leben und der Subjekte an sich selbst entsteht. Mein Körper soll fit sein bis ins hohe Alter, mein Aussehen schön. Mein Beruf soll mich erfüllen. Meine Ehe soll ungetrübt glücklich sein. Der Partner soll der beste Liebhaber sein und die Partnerin die beste Köchin. Die Erziehung der Kinder soll gelingen. Solche Totalitätserwartungen an eine Liebe programmieren ihr Scheitern. So ist das Leben nicht. Die meisten Ehen gelingen halb, und das ist viel. Meistens ist man nur ein halb guter Vater, eine halb gute Lehrerin, ein halb guter Therapeut. Und das ist viel.
Gegen den Totalitätsterror möchte ich die gelungene Halbheit loben. Die Süße und die Schönheit des Lebens liegt nicht am Ende, im vollkommenen Gelingen und in der Ganzheit. Das Leben ist endlich, nicht nur weil wir sterben müssen. Die Endlichkeit liegt im Leben selbst, im begrenzten Glück, im begrenzten Gelingen, in der begrenzten Ausgefülltheit“. Und bei einer anderen Gelegenheit schreibt er ganz pointiert: „Vieles haben wir nur halb gehabt und gemacht. Aber wir hatten wenigstens die Hälfte. Wer sagt denn, dass die Süße nur in der Ganzheit liegt! … Von keinem Vollkommenheitsterrorismus lasse ich mir das Halbe und nicht zu Ende Gebrachte entwerten … Wir können in Heiterkeit Fragment sein. Es gibt unserem Leben Spiel, dass wir selbst nicht alles sein müssen.“

— Hans Gerhard Behringer (Die 12 Grundkräfte des Lebens, S. 176)

— Fulbert Steffensky (Der Schmerz und die Gnade der Endlichkeit)

Der König und seine zwei Söhne

Ein König hatte zwei Söhne. Als er alt wurde, da wollte er einen der beiden zu seinem Nachfolger bestellen. Er versammelte die Weisen des Landes und rief seine beiden Söhne herbei. Er gab jedem der beiden fünf Silberstücke und sagte: Ihr sollt für dieses Geld die Halle in unserem Schloss bis zum Abend füllen. Womit, ist eure Sache.“  Die Weisen sagten: „Das ist eine gute Aufgabe.“

Der älteste Sohn ging davon und kam an einem Feld vorbei, wo die Arbeiter dabei waren, das Zuckerrohr zu ernten und in einer Mühle auszupressen. Das ausgepresste Zuckerrohr lag nutzlos umher.  Er dachte sich: „Das ist eine gute Gelegenheit, mit diesem nutzlosen Zeug die Halle meines Vaters zu füllen.“ Mit dem Aufseher der Arbeiter wurde er einig, und sie schafften bis zum späten Nachmittag das ausgedroschene Zuckerrohr in die Halle. Als sie gefüllt war, ging er zu seinem Vater und sagte: Ich habe deine Aufgabe erfüllt. Auf meinen Bruder brauchst du nicht mehr zu warten. Mach mich zu deinem Nachfolger.“  Der Vater antwortet: Es ist noch nicht Abend. Ich werde warten.“

Bald darauf kam auch der jüngere Sohn. Er bat darum, das ausgedroschene Zuckerrohr wieder aus der Halle zu entfernen. So geschah es. Dann stellte er mitten in die Halle eine Kerze und zündete sie an. Ihr Schein füllte die Halle bis in die letzte Ecke hinein.

Der Vater sagte: „Du sollst mein Nachfolger sein. Dein Bruder hat fünf Silberstücke ausgegeben, um die Halle mit nutzlosem Zeug zu füllen. Du hast nicht einmal ein Silberstück gebraucht und hast sie mit Licht erfüllt. Du hast sie mit dem gefüllt, was die Menschen brauchen.“

— Unbekannt

Wertschätzung

Voraussetzung jeder Erhaltung ist Wertschätzung und sie äußert sich in Dankbarkeit!

— Anton Bergmair


Gastfreundschaft ist eine der wirkungsvollsten Möglichkeiten, unseren Mitmenschen gegenüber Wertschätzung auszudrücken.

— Walter Mauerhofer


Anerkennung, Wertschätzung auszudrücken tut nicht bloß dem anderen gut, sondern auch uns selbst, weil es in uns Freude freisetzt.

— Joyce Meyer


Kinder zur Selbstständigkeit erziehen, ihnen Wertschätzung entgegenbringen und ihr Selbstwertgefühl stärken: Das ist der Weg, den die Bibel Eltern aufzeigt.

— Uwe Rauschelbach


Gott hat uns unsere Augen geschenkt auch dafür, dass sie anderen Mut und Wertschätzung schenken.

— Paul Deitenbeck

Franz König

Nicht das Straucheln ist entscheidend, sondern das Wiederaufrichten, nicht die Resignation, sondern die Hoffnung.


Der Weg von Mensch zu Mensch ist oft weit und schwieriger als der Weg von der Erde zum Mond.


Um Gott zu finden und zu erahnen, werden wir ihm in unseren Mitmenschen begegnen müssen.


Wir sind da, um den Glauben weiterzugeben und um andere zu suchen, die vielleicht wenig wissen von unserer Glaubensgemeinschaft.


Es geht nicht um das Reden, sondern um das gelebte Christentum. Worte bewegen, aber Beispiele überzeugen.


Etwas verunsichert, wollen wir doch Ausschau halten, nach dem, was uns tröstet und erhebt: Die Vielgestalt der Musik und Kunst lädt uns ein, um mit innerer Gelassenheit die Spannungen in und um uns zu lösen, das Chaos zu ordnen, das Unheil zu bannen, ein endgültiges Heil zu erahnen. Damit wird die Wurzel der religiösen Welt erfassbar, eine Welt des Vergänglichen, die in die Welt des Unvergänglichen, einer ewigen Schönheit weist . . .


Im Altertum sprach man von vier Kardinal- oder Haupttugenden: Weisheit – die Folgen seines Handelns bedenken; Tapferkeit – standhaft sein und Zeugnis geben; Besonnenheit – sich beherrschen; Gerechtigkeit – jedem das Seine geben. Heute würde ich vier neue Kardinaltugenden hinzufügen: Ehrfurcht, Toleranz, Friedensliebe und Solidarität. Die Ehrfurcht ist so wichtig, weil wir erst durch die Katastrophe der Konzentrationslager erfaßt haben, was es bedeutet, andere in ihrer Würde und Freiheit zu mißachten. Positive Toleranz ist entscheidend für das Zusammenleben im Staat, Friedensliebe für die Völkerverständigung. Solidarität ist die Überzeugung, wir sitzen alle in einem Boot.


Kapselt euch nicht ein in einer Scheinwelt. Haltet die Augen offen für die ganze Wirklichkeit. Hütet euch vor egoistischer Gleichgültigkeit gegenüber anderen.


Wichtiger als Predigen ist, Nächstenliebe in die Praxis des Alltags umzusetzen.

Abendlied

  1. Der Mond ist aufgegangen,
    Die goldnen Sternlein prangen
    Am Himmel hell und klar;
    Der Wald steht schwarz und schweiget,
    Und aus den Wiesen steiget
    Der weiße Nebel wunderbar.

  2. Wie ist die Welt so stille,
    Und in der Dämmrung Hülle
    So traulich und so hold!
    Als eine stille Kammer,
    Wo ihr des Tages Jammer
    Verschlafen und vergessen sollt.

  3. Seht ihr den Mond dort stehen?
    Er ist nur halb zu sehen,
    Und ist doch rund und schön!
    So sind wohl manche Sachen,
    Die wir getrost belachen,
    Weil unsre Augen sie nicht sehn.

  4. Wir stolze Menschenkinder
    Sind eitel arme Sünder
    Und wissen gar nicht viel;
    Wir spinnen Luftgespinste
    Und suchen viele Künste
    Und kommen weiter von dem Ziel.

  5. Gott, laß uns dein Heil schauen,
    Auf nichts Vergänglichs trauen,
    Nicht Eitelkeit uns freun!
    Laß uns einfältig werden
    Und vor dir hier auf Erden
    Wie Kinder fromm und fröhlich sein!

  6. Wollst endlich sonder Grämen
    Aus dieser Welt uns nehmen
    Durch einen sanften Tod!
    Und, wenn du uns genommen,
    Laß uns in Himmel kommen,
    Du unser Herr und unser Gott!

  7. So legt euch denn, ihr Brüder,
    In Gottes Namen nieder;
    Kalt ist der Abendhauch.
    Verschon uns, Gott! mit Strafen,
    Und laß uns ruhig schlafen!
    Und unsern kranken Nachbar auch!

— Matthias Claudius

Offenhalten

Der Tag der Vermählung rückte näher, und die junge Braut wurde zusehends unruhiger. „Du musst mal raus an die frische Luft, damit du auf andere Gedanken kommst. Lass uns einen Abendsparziergang am Strand machen. Der wird dir bestimmt gut tun!“, forderte ihre Mutter sie auf.

Schweigend gingen die beiden Frauen nebeneinander her, und als sie zum Strand kamen, blieben sie stehen und schauten der Sonne zu, die inmitten eines grandiosen Wolkenpanoramas im Meer versank.

„Magst du mir nicht sagen, was dich bedrückt?“, fragte leise die Mutter. Noch zögernd und nach Worten suchend murmelte die Tochter: „Ich habe plötzlich Angst vor der Zukunft. Wird unsere Liebe für ein ganzes Leben ausreichen? Muss ich nicht noch mehr lieben, um alle Sorgen und Konflikte an der Seite meines Mannes bestehen zu können? Papa und du, ihr seid doch glücklich miteinander, und ihr habt es ja auch nicht leicht gehabt. Wie kann ich die Liebe in meiner Ehe so viele Jahre lang bewahren? Wie habt ihr beide das gemacht?“

Statt eine Antwort zu geben, bückte sich die Mutter und nahm Sand in beide Hände. Die rechte Hand umschloss den Sand ganz fest, und er begann, aus ihrer geschlossenen Faust zu rieseln. Je mehr sie zudrückte, desto stärker entwich der Sand seiner Umklammerung. Dann öffnete sie die Hand, in der nur noch wenige Sandkörner lagen, und auf ihrer Haut zeigten sich die Abdrücke des Sandes wie Hunderte kleiner Narben.

Die andere Hand aber hatte sie gehalten wie eine Schale. Und auch als sie diese Hand hin und her, auf und nieder bewegte, ruhte leuchtend und golden der Sand in ihrer offenen Hand.

Lächelnd sahen die beiden Frauen sich an und gingen Arm in Arm nach Hause.

— Norbert Lechleitner (Oasen für die Seele)

Königskind

Obwohl die Fäden meines Lebens oft durcheinander liefen und verknotet zu sein schienen, weiß ich im Glauben, dass auf der anderen Seite der Stickerei die Krone ist.

— Corrie ten Boom

Subversion

Umarmt die Verhärteten,
berührt die Zynischen zärtlich.
Spielt mit den Verkniffenen,
tanzt mit den Gleichgültigen.

Den Tatsachen lacht
eure Tränen ins Gesicht.

Beschenkt die Geizigen,
singt Lieder den Knurrigen.
Den Realisten trotzt
ein paar Träume ab.

Unterlauft täglich
die Wirklichkeit.

Verdreht den Hassenden
Augen und Herzen.
Öffnet die Fäuste der Zürnenden
und zeichnet hinein: Schalom.

— Tina Willms