Karl Rahner

Die Kirche der Zukunft muss vor allem eine Kirche lebendiger Spiritualität sein.


Die Tugend des Alltags ist die Hoffnung, in der man das Mögliche tut und das Unmögliche Gott zutraut.


Die unbequemste Art der Fortbewegung ist das In-sich-Gehen.


Zum Bittgebet gehört beides: die Gewissheit der Erhörung und der restlose Verzicht, nach eigenem Plan erhört zu werden.


Unsere Verstorbenen sind nicht die Vergangenen, sondern die Vorausgegangenen.


Der, der ich bin, grüßt trauernd den, der ich sein möchte.


Der Christ der Zukunft wird Mystiker sein. Oder er wird nicht mehr sein.

Sich selbst folgen

Wo mein Handeln, meine Werte und meine Worte zueinanderpassen, gewinne ich innere Glaubwürdigkeit – ich glaube an mich.

— Matthias Vering (Glaube am Montag, S.?)

Stille

Nur im stillen Wasser können sich die Sterne spiegeln.

— Amsel Grün


Schweigen möchte ich, Herr, damit ich unter den vielen Stimmen die Deine erkenne.

— Dr. Jörg Zink

Der Ball des Gehorsams

Es ist der vierzehnte Juli.
Alle Leute gehen zum Tanz.
Überall, seit Monaten, seit Jahren, tanzt die Welt.
Je mehr man auf ihr stirbt, um so mehr tanzt man auf ihr.
Wogen des Krieges, Wogen des Tanzes.

Es gibt wahrhaft viel Lärm.
Die ernsthaften Leute schlafen.
Die Ordensleute lesen laut das Morgengebet des heiligen König Heinrich.
Und ich, ich denke,
an den anderen König,
an David, der vor der Bundeslade tanzte.

Denn wenn es auch viele heilige Leute gibt, die nicht tanzen mögen,
so gibt es doch auch viele heilige Leute, die das Bedürfnis hatten zu tanzen,
weil sie so sehr glücklich waren zu leben:
Die Heilige Teresa mit ihren Kastagnetten,
der Heilige Johannes vom Kreuz mit dem Jesuskind in den Armen,
und der Heilige Franziskus vor dem Papst.
Wenn wir glücklich über dich wären, Herr,
könnten wir diesem Bedürfnis zu tanzen nicht widerstehen;
das sich über die Welt ausbreitet,
und wir würden schließlich ahnen,
welcher Tanz es ist, den du uns tanzen lassen willst,
wenn wir uns mit den Schritten deiner Vorsehung hingäben.
Denn ich könnte mir vorstellen, dass du vielleicht genug hast
von den Leuten, die mit der Miene von Feldwebeln immer davon sprechen dir zu dienen,
die mit dem Gehabe von Professoren davon sprechen, dich zu kennen,
dich zu erreichen nach sportlichen Regeln.
dich zu lieben, wie sich ein altes Ehepaar liebt.

Eines Tages, als du Lust auf ein bisschen was anderes spürtest,
hast du den Heiligen Franziskus erfunden
und hast ihn zu einem Gaukler gemacht.
Uns bleibt es überlassen, uns erfinden zu lassen.
Um fröhliche Menschen zu sein, die ihr Leben mit dir tanzen.

Um ein guter Tänzer zu sein, muss man nicht wissen, wie es weiter geht – mit dir wie anderswo,
wie es weiter geht.
Man muss folgen,
fröhlich sein,
leicht sein,
und vor allem nicht steif sein.
Man darf nicht nach Erklärungen fragen,
in Bezug auf die Schritte, die dir zu tun gefallen.
Man muss dir gehören,
beweglich und lebendig durch dich,
und durch dich den Rhythmus des Orchesters erspüren.

Man soll nicht um jeden Preis vorwärts kommen wollen,
sondern es annehmen, sich nach links und rechts zu wenden.
Man muss anzuhalten wissen, und zu gleiten anstatt zu marschieren.
Und das wären alles nur sinnlose Schritte,
wenn die Musik nicht eine Harmonie daraus machen würde.
Aber wir vergessen die Musik deines Geistes,
und wir machen aus unsrem Leben eine Gymnastikübung;
wir vergessen, dass es sich in deinen Armen tanzt,
dass dein Heiliger Wille
von unbegreiflicher Phantasie ist,
und dass es Monotonie und Langeweile
nur für die alten Seelen ist,
die als Mauerblümchen
am Rand des fröhlichen Balls deiner Lieber sitzen.

Herr, komm und lade uns ein.
Wir sind bereit, dir diese Besorgung,
diese Rechnungen, das Abendessen, das es vorzubereiten gilt,
diese Nachtwache, wo man schlafen möchte, zu tanzen.

Wir sind bereit, dir den Tanz der Arbeit zu tanzen,
den der Hitze, später den der Kälte.
Wenn manche Melodien in Moll stehen,
werden wir dir nicht sagen,
dass sie traurig sind;
Wenn andere uns ein wenig erschöpfen,
werden wir dir nicht sagen,
dass sie Quasselstrippen sind,
und wenn Leute uns stoßen, werden wir es mit einem Lachen hinnehmen,
wohl wissend, dass das passiert vor allem wenn man tanzt.
Herr, zeige uns den Platz,
den in diesem ewigen Roman,
der zwischen dir und uns begonnen hat,
dieser einzigartige Tanz unseres Gehorsams einnimmt.

Offenbare uns das große Orchester deiner Absichten,
worin das, was du erlaubst,
seltsame Töne von sich gibt
in der Gelassenheit dessen, was dein Wille ist.
Lehre uns jeden Tag neu
unsere menschliche Beschaffenheit anzuziehen
wie ein Ballkleid, das uns um deinetwillen
alle Einzelheiten lieben lässt wie unerlässliche Juwelen.

Lass uns unser Leben leben,
nicht wie ein Schachspiel, wo alles kalkuliert ist,
nicht wie ein Wettkampf, wo alles schwierig ist,
nicht wie ein Lehrsatz, an dem wir uns den Kopf zerbrechen,
sondern wie ein Fest ohne Ende, wo die Begegnung mit dir sich erneuert,
wie ein Ball,
wie ein Tanz
in den Armen deiner Gnade,
in der universellen Musik der Liebe.

Herr, komm und lade uns ein.

— Madeleine Delbrêl

Empathie

Egal was jemand sagt, wir hören nur darauf, was er

a) beobachtet
b) fühlt,
c) braucht und
d) erbittet.

)Wenn ich A sehe, dann fühle ich B, weil ich C brauche. Deshalb möchte ich jetzt gerne D.)

Empathie ist ein respektvolles Verstehen der Erfahrungen anderer Menschen. Anstatt Empathie anzubieten, haben wir oft einen starken Drang, Ratschläge zu geben oder zu beschwichtigen und unsere eigene Position oder unsere eigenen Gefühle darzulegen. Empathie hingegen fordert uns auf, unseren Kopf leer zu machen und anderen mit unserem ganzen Wesen zuzuhören.

— Marshall B. Rosenberg (Gewaltfreie Kommunikation, S. 115)


Wenn … dir jemand wirklich zuhört, ohne dich zu verurteilen, ohne dass er den Versuch macht, die Verantwortung für dich zu übernehmen oder dich nach seinem Muster zu formen – dann fühlt sich das verdammt gut an. Jedes Mal, wenn mir zugehört wird und ich verstanden werde, kann ich meine Welt mit neuen Augen sehen und weiterkommen. Es ist erstaunlich, wie scheinbar unlösbare Dinge doch zu bewältigen sind, wenn jemand zuhört. Wie sich scheinbar unentwirrbare Verstrickungen in relativ klare, fließende Bewegungen verwandeln, sobald man gehört wird.

— Carl Rogers

Schuld

Unsere Herzen sind ein undurchdringlicher Mischmasch aus Gnade und Sünde, Engeln und Dämonen.

— Ronald Rolheiser (Beten – Offen werden für Gott, S. 100)


Auch der Unschuldigste ist immer noch ein Sünder.

— Georges Bernanos


Besser Schimpf erdulden, als Schimpf verschulden.

— Jüdisches Sprichwort


Wo man anfängt, sich gegenseitig zu beschuldigen, hat die Liebe schon längst aufgehört.

— Eduard Freitag

Tradition

Tradition ist nicht die Anbetung der Asche, sondern das Weitertragen der Glut.